Alte Tischlerei wird zum Ort der Begegnung

Regionale Wertschaffung
(2025)

Im Jahr 2008 musste die Produktion der Fürst Möbel GmbH aufgrund von Platzmangel an einen neuen Standort verlegt werden. Die gegenständliche Liegenschaft in unmittelbarer Nähe zum weltberühmten Stift Melk sollte dabei nicht zu einem leerstehenden Brownfield werden. Obwohl mehrere Investoren Kaufangebote für das Grundstück vorlegten, entschied sich die Fürst Holding GmbH – im Sinne ihrer generationsübergreifenden Perspektive – gegen einen kurzfristigen Gewinn und für eine eigene Weiterentwicklung der Fläche.

Die erste Nachnutzung wurde mit der neu gegründeten „Tischlerei Kulturwerkstatt“ rasch realisiert. In den folgenden Jahren erfolgte die schrittweise Revitalisierung der Bestandsflächen zu einem der ersten New European Bauhaus-Quartiere im ländlichen Raum.

Nominiertenbegründung

Die Fürst Holding GmbH ist ein familiengeführtes Unternehmen in vierter bzw. fünfter Generation und spezialisiert sich mit ihrer Tochter Fürst Möbel GmbH auf die Planung, Fertigung und Montage von Maßmöbeln im Objektbereich. Das Unternehmen ist tief in der Region verwurzelt und setzt seit jeher auf einen hohen handwerklichen Qualitätsanspruch, auf umfassende Lehrlingsausbildung und eine langjährige Verbleibdauer von Mitarbeiter:innen – mit Erfolg: 70% der Belegschaft sowie 70% der Führungsebene haben im Haus gelernt.

Mit dem Projekt „Tischlerei Melk“ hat sich das Unternehmen entschieden, ein ehemaliges Produktionsareal im Zentrum von Melk nicht zu verkaufen, sondern es in einen multifunktionalen Lebens- und Arbeitsraum zu verwandeln. Es ist eines der ersten New European Bauhaus-Quartiere im ländlichen Raum in ganz Europa. In einem intensiven co-kreativen und partizipativen Prozess mit über 1.000 lokalen, regionalen und internationalen Beteiligten aller Alters- und Bildungsschichten entstanden u. a. ein Hostel, ein Familienquartier, ein Werkraum für Kinder, ein Coworking Space sowie ein Raum für „Afterwork-Events“ zum Netzwerken. 1.400 m² Leerstand wurden damit revitalisiert, zahlreiche Kinder für das Handwerk Holz begeistert und der Ortskern und sowie die gesamte Region spürbar belebt.
Durch das Projekt hat die Fürst Holding GmbH zudem Kontakte zu zahlreichen neuen Stakeholdergruppen und Unternehmen geknüpft und ihre Tätigkeit als Quartiersentwickler begonnen, die künftig neben der Möbelproduktion ein weiteres Standbein werden soll.

Das Projekt vereint somit nachhaltige Flächennutzung, Ortskernbelebung und gesellschaftliche Wirkung – und steht exemplarisch dafür, wie unternehmerische Verantwortung und weitreichende Einbindung der Stakeholder zu innovativen Zukunftsprojekten führen können.

Projektfotos

gabi faber wiener

Hon. Prof. (FH) Gabriele Faber-Wiener, MBA​

Leitung Center for Responsible Management
„Der TRIGOS ist der wichtigste Preis für Nachhaltigkeit und CSR in Österreich und gleichzeitig ein Spiegel. Er zeigt auf wo wir uns auf diesem wichtigen Weg befinden. Ich habe vor sechs Jahren die Kriterien und das Juryprocedere überarbeitet und leite seither die Jurierung.
Es ist für mich immer wieder inspirierend, mit klugen und reflektierten KollegInnen die Einreichungen zu diskutieren. Bei uns müssen sich alle einigen, wir haben kein Mehrheits-, sondern Konsensprinzip, und das geht nur mit Argumenten.
Das ist eine große Herausforderung, aber gleichzeitig die Quelle für die hohe Glaubwürdigkeit des TRIGOS. Diskurs ist auch für die Zukunft der Nachhaltigkeit essenziell, nicht nur beim TRIGOS. Wir brauchen mehr Reflexion, mehr Austausch auf Augenhöhe und weniger Beharren auf Standpunkten“